Quotenvorrecht bei Verkehrsunfällen

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Stellen Sie sich einen völlig simplen Verkehrsunfall vor, bei dem eine Haftungsquote 2/3 zu 1/3 zu Ihren Lasten besteht. Was tun?!

Stellen Sie sich folgenden Schaden vor:

5.000,00 EUR Sachschaden

               500,00 EUR Wertminderung

               450,00 EUR Mietwagenkosten

            5.950,00 EUR Gesamtschaden

1.    Wenn Sie einen Schaden von 5.950,00 EUR (Schaden an Ihrem Fahrzeug, Mitwagenkosten u.s.w.) erlitten haben, könnten Sie gegenüber der Haftpflichtversicherung des anderen Unfallbeteiligten bei einer Haftungsquote 2/3 zu 1/3 zu Ihren Lasten einen Schaden von 1.933,33 EUR geltend machen.

2.     Wenn Sie z.B. eine Vollkaskoversicherung haben mit einer Selbstbeteiligung von 300,00 EUR haben und nur diese in Anspruch nehmen, stellt sich die Situation wie folgt dar. Die Vollkaskoversicherung wird Ihren Schaden ersetzen. Die Vollkaskoversicherung übernimmt die Schäden, die an Ihrem Fahrzeug entstanden sind.

Sie übernimmt jedoch nicht alle Schadenspositionen. Wenn die Mietwagenkosten z.B. 450,00 EUR betragen, wird sie diese nicht übernehmen, sondern nur den Sachschaden an Ihrem Fahrzeug, also z.B. in Höhe von 5.000,00 EUR (Sachschaden). Sie wird zudem die Selbstbeteiligung abziehen. Beträgt die z.B. 300,00 EUR, wird die Vollkaskoversicherung 4.700,00 EUR zahlen. Sie werden in Zukunft außerdem eine Prämienerhöhung hinnehmen müssen.

Wenn die Vollkaskoversicherung eintritt, gehen die Schäden, soweit sie von Ihr übernommen wurden, auf sie über. Wenn eine Vollkaskoversicherung besteht, eröffnet sich in der Konstellation wie oben, ein dritter Weg.

3.     Sie nehmen sowohl die Vollkaskoversicherung als auch die gegnerische Haftpflichtversicherung in Anspruch.

Daraus würde sich im o.g. Fall folgende Berechnung ergeben.

Die gegnerische Haftpflicht müsste vom eigentlichen Fahrzeugschaden Ihnen nur die Selbstbeteiligung erstatten, hier also: 300,00 EUR, ferner müsste sie die Wertminderung erstatten, hier also: 500,00 EUR. Sie müsste ferner 1/3 der Mietwagenkosten tragen, also: 150,00 EUR. Die gegnerische Haftpflicht würde also 950,00 EUR zahlen. Mit 1/3 können Sie die gegnerische Haftpflichtversicherung zudem an der unfallbedingten Erhöhung Ihrer Prämie an Vollkaskoversicherung beteiligen. Sie würden von der Vollkaskoversicherung 4.700,00 EUR erhalten und von der gegnerischen Haftpflichtversicherung 950,00 EUR, also insgesamt 5.650 EUR.

Das Rechenmodell kennt aber auch Grenzen: Die gegnerische Haftpflichtversicherung muss im o.g. Beispiel die Selbstbeteiligung und die Wertminderung voll zahlen, die Positionen werden nicht geqoutelt! Aber insgesamt werden diese Positionen nach oben hin begrenzt durch die Summe, die die Haftpflicht insgesamt zu zahlen für die Positionen zu zahlen hätte, die nicht gequotelt werden. Beträgt also im o.g. Beispiel der 1/3 des Fahrzeugschadens (1.666,66 EUR) und 1/3 der Wertminderung (166,66 EUR) 1.833,33 EUR, so muss sie für nie mehr hierfür zahlen, selbst wenn die Addition aus Selbstbeteiligung und Wertminderung mehr als 1.833,33 EUR ergeben würde. Dies kann je nach Höhe des Schadens, der eingetretenen Wertminderung, nach Höhe der Selbstbeteiligung und je nach Höhe der Haftungsquote der Fall sein.

Wenn also droht, dass der Geschädigte „auf einem Teil seines Schadens sitzen bleibt“, weil der den Schaden mitverschuldet hat, er aber über eine Vollkaskoversicherung verfügt, sollte unbedingt ein Anwalt eingeschaltet werden. Dies gilt erst recht, wenn weitere Schadenspositionen hinzukommen (Abschleppkosten, Anwaltskosten, Sachverständigengutachten), die hier nicht einmal angesprochen wurden.

Es ist zu überlegen, ob und wann (von vornherein oder im Nachhinein) die Vollkaskoversicherung mit eingeschaltet wird und mit welchen Positionen (ggf. quotiert) die gegnerische Haftpflichtversicherung in Anspruch genommen wird. Bei Ihrem Fall berechne ich Ihnen die Konsequenzen der o.g. Varianten (1., 2. oder 3.) mit Ihren Schadenspositionen.